Dienstag, 28. Juli 2009

Dienstag, der 28. Juli 2009

17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Sonntag / 2002-07-28
Der vierte Tag / Chalon-sur-Saône
DIE KUNST UND DAS RAUCHEN

Meine Kenntnis der Französischen Sprache ist nicht gut, jedenfalls nicht so gut, wie es hätte sein können, wenn man vier Jahre lang seine Französischlehrerin geliebt hat - platonisch und vor vielen Jahren, als ich noch nicht richtig wußte, was Liebe heißt. Die war aber in einen anderen verliebt und zwar in den Rektor meiner damaligen Lehranstalt. Platonisch war diese Liebe wohl nicht ganz gewesen und zu Beginn der 70er-Jahre aus disziplinarischer Sicht auch nicht ganz korrekt. Jedenfalls wurde meine Französischlehrerin versetzt, ich ebenso, aber an ganz verschiedene Orte. Zur Ehrenrettung der emanzipierten Frau sei hier grundsätzlich gesagt, dass auch den Rektor versetzt wurde. Und wenn beide nicht gestorben sind und ihre Liebe etwas Großes war, dann sind beide auch später noch zusammen gewesen, wenngleich auch an getrennten Schuleinrichtungen tätig.

Jedenfalls höre ich im Radio, dass „...la censure italiene veut priver Bogart de sa cigarette...“. - Wie bitte? Der Franzose will PrivatEye Humphrey seine cigarette nehmen oder gar mit einem schwarzen Balken überblenden. Das macht neugierig und ich versuche weiter, verständlichen Passagen im Radio zu lauschen. „Le ministre italien...“ (aha, immerhin nicht die Nachfahren von Kettenrauchern wie Brel oder Chevallier. Hätte man sich eigentlich auch denken können) plant ein „..banissement total de la cigarette à la télévision...“. Unglaublich. Erstens ist Cinematographie immer Kunst, manchmal zugegebenermaßen eine schlechte, aber immerhin, und Kunst kann man nicht zensieren, und zum anderen: Wo soll das denn enden?

Was ist mit den Morris(!)-Comics von Lucky Luke, der eine Zigarette schneller raucht, als die Daltons eine Bank ausrauben. Das sehen die Franzosen natürlich ganz anders: Vive le cigarette - Es lebe das - selbstverständlich männliche- Symbol der Freiheit. Lange bevor es Marlboro gab, wahrscheinlich sogar schon pünktlich zur Französischen Revolution 1889, machten sich der Franzose (und natürlich auch seine Heroine) Mut mit der Glut einer letzten GAULOISE oder man regte sich beim Rauchen einer cigarette ab. Nicht nur nach der Liebe, aber im besonderen auch da, denn vorher hätte der Nikotingeschmack im Mund wahrscheinlich gestört.

Sicher macht eine Kampagne zum Nichtrauchen Sinn, wenn man sie mit den Zeitgeist koppelt und, wie geschehen, Sportler und Musiker „No“, „Niente“, „Non“ oder „Nein“ sagen lässt um dem Zuschauer nachher zu erklären, dass es um das Rauchen geht. Die Italiener aber sind gleich sehr emotional und wollen alles beim Stumpf ausreisen.

Wäre Deutschland gefragt worden, wir hätten wahrscheinlich eine Quote ins Gespräch gebracht, eine Quote von, sagen wir einmal, 6,5 % an Filmen mit Zigarettengenuss, die im Fernsehen noch gezeigt werden dürfen. Und die nötige Kontrolltruppe, entschuldigen sie, ich meine natürlich: die 'Bundeskontrollstelle für Zigarettengenuss im Deutschen Fernsehen/BZDF', hätte gleich mit auf den Weg gegeben.

Und der DGB hätte langzeitarbeitslose Ex-Raucher zur Besetzung der Stellen gefordert, wegen deren Basiswissen und die CDU mittelständliche Kioskbetreiber, die unter dem allgemeinen Verdruss am Zigarettenmarkt zu leiden haben und dies mit einer Nebentätigkeit kompensieren könnten. Die SPD hätte, nachdem die FDP hierzu ihre Unterstützung zugesagt hätte, Interessenkonflikte bei deutschen Kioskbetreibern vermutet und statt dessen indische Kettenraucher empfohlen. Und die PDS hätte selbstverständlich einen Untersuchungsauschuss gefordert. Aber zum Glück kam der Vorschlag ja aus Italien.
An die Adresse der Italiener sei gesagt: Jeder weiß, es gibt auch eine Zigarettenmaffia. Und das sind alles Cineasten, durch die Bank, jedenfalls, wenn es um Filme mit Humphrey Bogart und seiner unverwechselbaren Zigarette im Mundwinkel geht.

Eine europäische Lösung ist aus meiner Sicht unverzichtbar; nationale Alleingänge bringen da überhaupt nichts. Ich könnte mir zum Beispiel Folgendes vorstellen: Während des Filmes wird als Laufschrift mehrfach eingeblendet (nein, nicht: „...wegen der Überlänge der Sportübertragung verschiebt sich der Film
Neues über die kulturgeschichtliche Entwicklung der Fauna auf der Bäreninsel“ sondern) „Warnung! Dieser Film enthält Szenen, die sensible Gemüter verletzen oder gefährden könnten. Der Genuss dieses Filmes kann durchaus gesundheitliche Schäden verursachen! - Die Europäischen Gesundeitsminister.

Das wär doch was.

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